Fahrradtest: My Esel E-Cross Pro Plus E-Bike aus Holz (2024)

Die österreichische Manufaktur My Esel fertigt alle Rahmen in Handarbeit aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz. Das setzt optisch ein umweltbewusstes Zeichen und fährt sich auch ganz angenehm.

Matthias Pfannmüller

4 min

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Fahrradtest: My Esel E-Cross Pro Plus E-Bike aus Holz (1)

Fast alle Velohersteller lassen ihre Alu- oder Carbonrahmen in Asien herstellen – auch zahlreiche Zulieferer wie der Felgenhersteller DT Swiss fertigen dort. Aus Kostengründen wird das vom Kunden toleriert, doch der mit dem Transport verbundene CO2-Ausstoss ist alles andere als nachhaltig.

Christoph Fraundorfer und Heinz Mayrhofer aus Traun bei Linz war dieser Umstand ein Dorn im Auge; 2013 gründeten sie eine eigene Marke für Velos mit oder ohne Elektroantrieb – mit dem Ziel, es anders und grüner zu machen. Wie seine Geschwister ist das getestete E-Bike-Modell ein Hingucker, der dank voll integrierter Antriebstechnik gar nicht wie ein Elektrobike aussieht.

Ausstattung

Das Rückgrat jedes My Esel ist ein Schichtholzrahmen aus regionaler Forstwirtschaft, der auf Kundenwunsch auch massgefertigt werden kann. Zudem soll eine Hohlraumkonstruktion gewährleisten, dass die Holzwerkstücke ein geringes Gewicht haben und trotzdem Stösse sowie Vibrationen signifikant besser dämpfen als Aluminium oder Carbonfasern.

Dieses Verfahren hat man sich in der Skiproduktion abgeguckt und adaptiert. Der Rahmen – angeboten werden die Grössen S, M und L – besteht aus Kernholz der Esche sowie weiteren Holzsorten. Er ist wie die Gabel (mit 100 Millimetern Federweg und sinnvoller Luftdrucktabelle), die Griffe oder der Sattel mit dem Markenemblem, einem Eselskopf, gekennzeichnet. Der zeigt sich nach dem Einschalten des E-Antriebs ebenfalls auf dem reduzierten Steuerungsdisplay links am Lenker, der wie der Vorbau von FSA kommt.

Hier können per Wippschalter Basisinformationen wie Geschwindigkeit, Kilometerstand oder Akkuladung abgelesen, die optionale Lichtanlage eingeschaltet, die Schiebehilfe (bis 5 km/h) aktiviert sowie einer von fünf Fahrmodi vorgewählt werden. Weniger ist mehr, denn eine Handy-Verbindung via Bluetooth wird nicht angeboten.

Für Vortrieb sorgt ein von My Esel selbst entwickelter Nabenmotor von UPEA (steht für «Uphill Engine Austria»), dazu gibt es eine Shimano-Schaltung mit elf Gängen. Auch die hydraulische Bremsanlage mit Scheiben vorne und hinten stammt von den Japanern, die Leichtmetallfelgen sind von Remerx und die Reifen von Schwalbe. Alu-Schutzbleche, Gepäckträger und Seitenständer sind wie die Beleuchtung (vorne von Uniled, hinten von Büchel) dagegen Teil der E-Cross-Zusatzausstattung Plus – sie kommen von Atran Velo aus Schweden.

Nettes Detail am Rande: My-Esel-Käufer können ab Werk individuell eigene Beschriftungen an Ober- und Unterrohr in Auftrag geben.

Fahrradtest: My Esel E-Cross Pro Plus E-Bike aus Holz (2)

Verarbeitung

Für geschulte Augen sind kleinere Toleranzen stellenweise sichtbar, muten ein Klinken-Ladestecker oder gewickelte Lampenkabel nostalgisch an, doch das darf bei einem Manufakturprodukt so sein. Denn insgesamt hinterlässt dieses E-Bike einen hochwertigen, sauberen Qualitätseindruck. Beim Rahmen betont My Esel die unverwüstliche, weil vierfache Versiegelung und gewährt souveräne fünf Jahre Garantie.

Fahreindruck

Ein ebenso leiser wie kraftvoller Antrieb, der dank Drehmomentsensor stets angemessen unterstützt, dazu die leichtgängige, passend abgestufte Schaltung und fein dosierbare Bremsen: Auf den ersten Metern gab sich das E-Cross Pro keine Blösse, und das sollte in den folgenden Wochen auch so bleiben.

Gegenüber dem gleich ausgerüsteten Modell E-Tour weist das E-Cross eine sportlichere Rahmengeometrie auf. Die Ergonomie passte also zu unserem bevorzugten Wald-und-Wiesen-Revier, der Sattel war bequem, das Federungsvermögen ausreichend.

Holz eignet sich nicht für die Integration einer Hinterradschwinge. Folglich sind alle My-Esel-Bikes vorwiegend für die Strasse oder den Feldweg-Einsatz gedacht. Die verwendete Holzrahmen-Technologie soll aber zusätzlich dämpfen, was wir mangels objektiver Vergleichsmöglichkeiten gerne glauben wollen. Richtig hart hat sich das My Esel jedenfalls nie angefühlt, aber zu weich oder gar klapprig war es auch nicht.

Und so stieg – nach anfänglich kritischer Beobachtung – mit jedem Kilometer das Vertrauen. Bezüglich Reichweite kamen wir in hügeligem Geläuf auf über 70 Kilometer. My Esel spricht – je nach Topografie – von bis zu 130 Kilometern und maximal 4 Stunden Ladezeit.

Fazit

Das E-Cross Pro hat sich im Testalltag bewährt, und wir wurden öfters darauf angesprochen. Holz ist eben sympathisch, und das gewünschte Umwelt-Statement wird wahrgenommen, trotzdem bleibt das Pedelec erschwinglich. Mit der Baureihe E-Elegance und ihrem bequem-niedrigen Einstieg geht es sogar noch günstiger. Nur wer ein E-Mountainbike mit Vollfederung sucht, wird bei My Esel (noch) nicht fündig. Im Urbanen ist das formschöne Holzbike dagegen ein treuer Begleiter und damit eine echte Alternative zu Pedelecs konventioneller Bauart.

Velo à la carte: In der Schweiz wurden 2022 fast genauso viele Pedelecs wie Pkw verkauft – und ständig kommen neue Modelle dazu. Die wichtigsten, innovativsten und spektakulärsten testen wir hier in loser Reihenfolge. Die Produkte werden uns von den Herstellern/Importeuren für die Zeit der Tests zur Verfügung gestellt.

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